Die Jahre zwischen 800 und 900 n.Chr. läuteten nach rund 2500 Jahren Hochkultur
den Niedergang der Maya im Süden Yucatáns ein. Die
Bautätigkeit wurden fast schlagartig eingestellt und die Städte verödeten.
Die Ursachen für den Zusammenbruch dieser einst blühenden Kultur sind
bis heute nicht geklärt und bieten Stoff für Spekulationen. Soziale
Spannungen, Hungersnöte, Dürre, kriegerische Konflikte, Überbevölkerung
- die Liste möglicher Gründe ist wohl ebenso lang wie die der noch offenen
Fragen.
Die Bevölkerung wandert nach Norden ab und beschert so den Städten der
Puuc Region einen Aufschwung. Gleichzeitig dringen die kriegerischen
Itza aus dem Osten nach Yucatán und bringen
starke mexikanische Einflüsse ins Maya-Gebiet. Ihre Neugründung unweit
einer ersten Siedlung Chichén Itzá Viejo aus der
Zeit um 500 n.Chr.: Chichen Itza. Stetig baut Chichén
Itzá seine Macht aus und wird um das Jahr 1000 die führende Macht
auf der Halbinsel, geführt durch straff organisierte Städtebünde
und Sippen. Mit dem Sieg des Nachbarn Mayapán geht ab 1250 auch die Blütezeit
von Chichén Itzá zu Ende. Die überlebenden Itzá siedelten
sich in der Folgezeit in Petén Itzá (Guatemala) an. Bei der Ankunft
der Spanier ist Chichén Itzá schon zum größten
Teil verlassen.
Heute ist Chichén Itzá nicht nur das beste Beispiel für den
mexikanischen Einfluß in Kunst und Architektur der Maya, sondern auch die
bekannteste und am besten erschlossene Stadt der Maya. Dies schließt aber
auch ein, daß man sich bei einem Besuch des rund 5 km2
großen Areals auf Tausende von Besuchern einstellen muß. Vornehmlich Gringos,
denen die Reisebegleiter die Akustik des Platzes vor El Castillo
verdeutlichen wollen. Das Ergebnis: unter ständigen Händegeklatsche
ziehen Hundertschaften kreuz und quer über den riesigen Platz. Man hat das
Gefühl, einem morgendlichen Strafexerzieren der Maya beizuwohnen. Nun ja,
wer sich davon und von den teilweise recht aufdringlichen Souvenirhändlern
an der Zufahrtsstraße zum Archäologischen Park nicht abschrecken läßt,
den erwartet ein sehr spannender und beeindruckender Tag.
Nachdem man am Touristenzentrum seine 87 Pesos Eintritt (ca. 6,50 EUR, einschließlich
abendlicher Lightshow) gezahlt hat, stolpert man geradezu über das beeindruckendste
Bauwerk Chichén Itzás: El Castillo (die Pyramide des Kukulkán).
Die 25 m hohe Pyramide wurde bereits um 800 im reinen Maya-Stil erbaut. El Castillo
birgt aber nicht nur einen älteren vollständig überbauten Tempel
im Inneren, sondern steckt auch voller Symbolik. Die 9 Terrassen symbolisieren
die 9 Unterwelten der Maya, die umlaufenden 52 Reliefplatten stehen für den
52jährigen Kalenderzyklus und 4 Treppen mit je 91 Stufen führen hinauf
zur obersten Plattform und ergeben zusammen die Zahl 365 (Tage). Und erst der
Blick von hier oben - einfach himmlisch.
Jedes Jahr zur Tag- und Nachtgleiche (21.03. und 21.09.) kann
man seit alters her ein beeindruckendes Schauspiel erleben. Die Treppen sind am
Fuß der Pyramide mit dem Kopf der gefiederten Schlange Quetzalcóatl
(Kukulkán) geschmückt und die 9 Terrassen werfen nach unten wandernde
Schatten auf die Seiten der Treppen. Man glaubt fast, daß Kukulkán selbst
auf die Erde herabsteigt.
Gut 500 m nördlich von El Castillo erreicht man über eine alte Maya-Straße
(Sacbé) den Cenote von Chichen Itza. Der heilige Brunnen der
Itza (Maya: Chichén Itzá = Brunnen der Itza) hat einen Durchmesser
von rund 56 m und ist bei einem Wasserstand von 30 m insgesamt 50 tief. Auf dem
Grund des Heiligtums wurden viele Opfergaben und auch die Skelette von etwa 50
Menschen gefunden. Trotz allem waren Menschenopfer bei den Maya nicht die Regel.
Die Legende, daß nur Jungfrauen geopfert wurden, geht wohl auch eher auf
die Phantasien vereinsamter Gelehrter zurück.
Von der Spitze der Pyramide des Kukulkán hat man ihn schon entdeckt, den
mit einer Fläche von 168 m x 36 m größten Ballspielplatz
Mesoamerikas. Schier unerreichbar in 7,25 m Höhe schweben die schlangenverzierten
Ringe, durch die die Spieler die Kautschukkugel befördern mußten. Ähnlich
unserer heutigen Bandenwerbung laufen Reliefbänder um den Platz und werben
für die Götter der Maya, zumeist mit der Darstellung der Opferung der
Verlierer. Zum Ensemble gehören noch der Tempel der Jaguare sowie der Tempel
des bärtigen Mannes mit seinen erhalten gebliebenen Malereien.
Das Gegengewicht zum Ballspielplatz bildet auf der anderen Seite des zentralen
Platzes der von einem Chac Mol gekrönten Tempel der Krieger. Dieser als auch
die angrenzende Halle der Tausend Säulen sind markante Beispiele für
die neuen Architektureinflüsse der Tolteken aus dem Norden.
Alle großen und kleinen Sehenswürdigkeiten aufzuzählen, würde
hier den Rahmen sprengen. Der Vollständigkeit halber seien hier noch der
Rundbau des Observatoriums el Caracol und das
sehr schöne Nonnenkloster genannt. Wenn man sich Zeit nehmen möchte,
sollte man alles in allem schon einen ganzen Tag einplanen. Wir jedenfalls haben
diesen jedesmal gebraucht und waren anschließend richtig erledigt. Und wenn
wir uns dann noch vergegenwärtigten, daß bisher weniger als die Hälfte
aller Gebäude erschlossen wurde, stieg wieder einmal unsere Hochachtung vor
den Leistungen der alten Maya.
© 05.06.2005
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